Entwicklung und soziale Beziehungen, Prävention und Sozialpsychiatrie

Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und anderer Formen psychischer und physischer Gewalt im Bistum Hildesheim 1945 – 2024

Auftrag und Zielsetzung des Forschungsprojekts

Das Bistum Hildesheim hat ein interdisziplinäres Konsortium mehrerer unabhängiger Forschungseinrichtungen beauftragt, sexualisierte Gewalt im Verantwortungsbereich der Diözese umfassend zu untersuchen. Die Zielsetzung des Projekts wurde in enger Abstimmung mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord entwickelt. Mit diesem Vorhaben setzt das Bistum die bereits begonnenen Aufarbeitungsprozesse fort: Nach zwei umfangreichen Studien in den Jahren 2017 und 2021 handelt es sich um das dritte große Forschungsprojekt zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Hildesheim. Auftraggeber ist der amtierende Bischof von Hildesheim, Dr. Heiner Wilmer SCJ.

Historischer und zeitlicher Rahmen

Ausgangspunkt des neuen Forschungsvorhabens sind Meldungen Betroffener, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt im Bistum Hildesheim erlebt hatten. Frühere Studien konzentrierten sich insbesondere auf die Amtszeit von Bischof Heinrich Maria Janssen (1957–1982). Die aktuelle Untersuchung erweitert den zeitlichen Rahmen nun deutlich und bezieht die Jahre 1945 bis 2024 ein. Damit rücken auch die Amtszeiten von Bischof Dr. Joseph Godehard Machens (1945–1956), Bischof Dr. Josef Homeyer (1983–2004), Bischof Norbert Trelle (2006–2017) und Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ (seit 2018) systematisch in den Blick.

Forschungsinhalte und Methoden

Im Zentrum der Studie stehen die Rekonstruktion von Taten und Täter:innen, die Analyse institutioneller Strukturen sowie das Erleben und die Bewältigung der Gewalt durch Betroffene. Neben der Auswertung kirchlicher, staatlicher und einrichtungsbezogener Akten werden Interviews mit Betroffenen, Angehörigen und weiteren Wissensträger:innen geführt. Eine Online – Befragung ermöglicht die Befragung des Kirchenvolkes, um die Wahrnehmungen und Bewertungen aus der Breite der Diözese sichtbar zu machen. Darüber hinaus ist eine Befragung des Klerus im Bistum geplant.

Analytische Schwerpunktsetzungen („Tiefenbohrungen“) werden im Verlauf gemeinsam mit Betroffenen festgelegt. Diese sind von Beginn an aktiv beteiligt: Ein Betroffenenbeirat berät das Forschungsteam, zudem begleitet eine aus mehreren Institutionen besetzte Gruppe den gesamten Prozess und sichert Transparenz, Unabhängigkeit und Informationsaustausch.

Für die Ergebnisdarstellung sind Formate geplant, die die Forschungsergebnisse sowie Lebensgeschichten von Betroffenen öffentlich sichtbar und somit die gewonnenen Erkenntnisse für Interessierte zugänglich machen.

Die Studie wird von April 2025 bis März 2027 durchgeführt. Beteiligt sind das Institut für soziale Arbeit e. V. (Münster), die Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter der Universitätsmedizin Rostock sowie das SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies.

Das Projekt wird von Prof. Dr. Christian Schrapper, Prof. Dr. Michael Kölch und Dr. Thomas Meysen geleitet.